I can‘t bär anymore

Dieter Kosslick ist eine Institution. Eine, die nach 18 Jahren schliesst. Am Sonntag trat der Mann mit dem großen, schwarzen Hut und dem roten Schal zum letzten Mal als Direktor der Berlinale auf. Das Internationale Filmfest, das Kosslick geprägt hat wie kaum einer anderer seiner Vorgänger, beendet eine Ära.

Es war ein Spagat, den Kosslick meistern musste. Das Filmfestival, das – in den Februar verlegt – immer weniger Hollywood-Stars anzog, musste sich neu erfinden. Und? Nach knapp zwei Jahrzehnten kann man mir Recht sagen: Ein Festival für Groß und Klein.

 

Kunst ist streitbar. Das musste Kosslick selbst erleben, als 2017 eine Gruppe von 79 Regisseuren gegen den Berlinale-Chef rebellierte. Ihnen war der Chef des Berliner Filmfestivals suspekt. Denn Kosslick war ein Original, er war kauzig, grantig und zugleich herzlich. Für jeden Besucher spürbar, erlebbar. Und er schuf Reihen wie „Berlinale goes Kiez“ oder „Kulinarisches Kino“, die das Filmfest zum größten Publikumsfestival der Welt machten. 300.000 Besucher – ein Rekord!

Eine Sparte ist die Retrospektive, in der in diesem Jahr ein früher verbotener DEFA-Film lief. „Die Taube auf dem Dach“ aus dem Jahr 1973 wurde von der damaligen Studioleitung als „Kunstirrtum“ bezeichnet und alle Farbkopien vernichtet. Erst 1990 tauchte eine alte Schwarz/Weiß-Fassung des Filmdebuts der Regisseurin Iris Gusner auf. Sie wurde jetzt im Deutschen Historischen Museum gezeigt.

 

Etwas Wehmut kommt auf, dass Kosslick geht. So manch ein treuer Fan kam an den Roten Teppich mit dem Schild: „Danke, Dieter“. Abseits davon geht die Schlacht los, was das Filmfest unter dem neuen Duo Carlo Chatrian und Marlette Rissenbeck ab 2020 alles anders oder besser machen kann. Sie wollen vor allem auf engagierte Kinder- und Jugendfilme setzen.

Jetzt ist erst einmal die 69. Berlinale Geschichte. Kopf ab – diese Plakate hatten etwas symbolisches. Ein Kopf geht. Einer, der wieder Lust auf Kino gemacht hat. In Zeiten schwindender Besucherzahlen. Ende Februar 2020 wird es Zeit zur Neubewertung.

 

Übrigens: Kosslick bekam zum Abschied noch die Patenschaft über eine Brillenbär-Dame angetragen. Als Dank für seine Verdienste um die Filmkunst und sein Standvermögen, sich gegen alle Nörgler der Berlinale durchzusetzen. Sein Kommentar dazu: „I can‘t Bär anymore.“ Daher auch von uns: Danke, Dieter!

andre
Es muss nicht immer Paris, Rom oder Moskau sein. Auch Berlin ist reich an unentdeckten Ecken, ständig in Bewegung und fantastisch anzuschauen. Einfach die schönste Stadt im Erdenkreis.

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