September / Oktober 2017 – Tief, tiefer, Beton

5. September 2017: Heute schließt sich der Kreis – oder besser das Quadrat. Bis in die späten Abendstunden sind drei Bauarbeiter damit beschäftigt, die letzte Stützwand an der Tacheles-Baugrube zu setzen. Wenn diese fertig ist, sind es fast 1.000 Meter Betonwand dieser Art in der Grube. Respekt.

Solche Stützwände haben einen Abstand von etwa 50 Zentimetern. Diesen Freiraum benötigt der Schlitzwandgreifer, um senkrecht in die Erde zu baggern. Das wird uns noch Wochen beschäftigen .

12. September 2017: Komisch. Eigentlich sollte eine Grube immer tiefer werden. Beim Tacheles ist es anders. In den vergangenen Tagen wurde viel Sand aufgeschüttet, um an der Johannisstrasse wieder die Null-Ebene zu erreichen. Jetzt wird oben Fliess ausgelegt. Die Frage ist: Warum?

An anderer Stelle haben wir es schon beobachten können: Über das Fliess kommt noch eine Sandschicht – und fertig ist die Rollstrecke für schwere Bagger. Das heißt, bald kommt der Schlitzwandgreifer wieder.

19. September 2017: Nun ist der Schlitzwandgreifer zurück. Auf dem verdichteten Unterboden, der tagelang vorbereitet wurde, kann er jetzt entlang des Wohnhauses Johannisstrasse 12 in die Tiefe gehen – und das mehr, als das benachbarte Haus hoch ist.

Lange wurde die Grube ausgehoben, jetzt wurde ein fünf Meter breiter Streifen wieder aufgeschüttet. Das bietet offensichtlich die beste Grundlage, um lotrecht einen bis zu 18 Meter tiefen Graben für die Baugrubenwand auszuheben.

23. September 2017: Ein kleines Geheimnis ist gelöst. In den vergangenen Tagen hatten die Bauarbeiter das letzte Grün in der Baugrube beseitigt und die überhängenden Zweige einer Kastanie radikal beschnitten. Nur, warum?

Beim Bau gilt die Regel: Greifer vor Grün. Also kommt alles weg, was stört. Jetzt kann sich das tonnenschwere Ungetüm ungestört in die Tiefe fressen.

29. September 2017: Gut zwei Monate sind seit dem Wasserrohrbruch vergangen. So lange schön ist die Johannisstrasse gesperrt. Aber jetzt geht’s los. Ein komplett neues Hauptrohr wird verlegt.

Für Auto- und Fahrradfahrer und  immer wieder eine Herausforderung, wird doch die Straße gern mal von der einen und dann von der anderen Seite gesperrt. Kommenden Monat soll aber alles geschafft sein.

2. Oktober 2017: Heute ist zwar Montag, aber es klingt wie Sonntag – Ruhe. Tiefe Ruhe. Am Brückentag wird nicht gearbeitet. Morgen ist ja Nationalfeiertag.

Wo sich sonst in der Grube die Autos drängeln herrscht gähnende Leere. Nur ein einzelner Transporter steht verlassen auf dem Baugrund.

5. Oktober 2017: Es gibt heute eine Unwetterwarnung für Berlin. Doch in der Baugrube geht es zunächst weiter wie bisher. Getreu dem Motto: Das bisschen Wind haut uns doch nicht um. Na, mal sehen. Zumindest die Regenkleidung ist schon angezogen.

Schlitzwandgreifer und Riesenbagger sind seit dem Morgen in Aktion. Das Sturmtief legte im Tagesverlauf den U- und S-Bahn-Verkehr in Berlin lahm. Nur in der Grube wurde bis Sonnenuntergang gearbeitet. Nun ja: jeder Meter Grubenwand zählt.

16. Oktober 2017: Das erste Beton-Silo wird abgeholt. Monatelang standen bis zu 12 der großen Silos in der Baugrube – und bunkerten Zement ohne Ende. Jetzt reduziert sich offensichtlich der Verbrauch.

Noch arbeitet der Schlitzwandgreifer an der Johannisstrasse und buddelt einen bis zu 18 Meter tiefen Graben. Dieser muss dann mit Beton aufgefüllt werden. Aber es sind die letzten Meter der gut 22.000 Quadratmeter großen Baugrube am alten Tacheles. Eine Etappe geht zu Ende.

19. Oktober 2017: In der Nacht war es hell und laut in der Grube, am Morgen ging es gleich früh los. Und was sieht das erstaunte Auge? Ein neuer Baggersee ist entstanden.

Noch vor wenigen Tagen wurde dieser Ort als kleine „Sickergrube“ genutzt, wenn die Beton-LKW die Reste ihrer Ladungen abspritzten. Jetzt ist es ein gutes 10-Meter-Becken.

20. Oktober 2017: Die Mauer muss her! Anders als der Ruf vor Jahrzehnten braucht die Baugrube am Tacheles eine Behrenzungsmauer. Erst dann kann es richtig mit dem Ausbuddeln losgehen. Momentan sind erst einmal die Ränder der riesigen Grube wieder bis auf Level Null aufgefüllt worden.

Oben Ragen nur ein paar Rohre raus, aber unterirdisch ist in den vergangenen Monaten eine riesige, gut 1.000 Meter lange und bis zu 18 Meter tiefe Baugrubenumfassung entstanden. Jetzt sind auch die riesigen Bagger weg. Kommentar eines Bauarbeiters zu einem Bewohner des Nachbarhauses: „So sicher stand ihr Haus noch nie!“

23. Oktober 2017: “Solch ein Gewimmel möchte ich sehn…“, sagte einst Goethe. Heute haben die Bauarbeiter am Morgen einmal alles aufgefahren, was jetzt so in der Grube gebraucht wird. Denn noch ist Zeit, weiter in die Tiefe zu kommen.

Ja, jetzt wird wieder in die Hände gespuckt! Nachdem die großen Bagger abgezogen und die meisten Betonsilos weggebracht wurden, eröffnet eine Baumaschinenparade den nächsten Abschnitt.

30. Oktober 2017: Obwohl Montag ist, wird nicht gearbeitet. Denn am Dienstag ist einmalig Feiertag in Deutschland – der Reformationstag. Zeit, für ein kleines Zwischenfazit. Das Wichtigste: die Arbeiten liegen im Zeitplan.

Ein Blick auf das Herz der Baugrube zeigt, dass ein Zeitenwandel ansteht. Wo einst ein Dutzend gelbe Beton-Silos standen, gähnt nur noch die leere Betriebsfläche. Auch die großen Schlitzwandgreifer haben mittlerweile die Grube verlassen.