Das Rote Rathaus feiert Geburtstag

Am 17. April 1871 weiht Berlin – frisch gekürt als deutsche Reichshauptstadt – offiziell sein neues Rathaus ein. Zwar fand die erste Ratssitzung in dem Gebäude schon am 30. Juni 1865 statt. Auch tagte hier bereits am 6. Januar 1870 erstmals die Berliner Stadtverordnetenversammlung. Doch erst mit dem Festbankett der Abgeordneten des Reichstages erstrahlt der Bau mit seinen bis dato nicht genutzten prachtvollen Räumen im vollen Glanz.

Von Anfang an heißt der Bau wegen seiner roten Klinker im Volksmund "Rotes Rathaus" - ungeachtet der politischen Farbe des obersten Ratherrens.
Von Anfang an heißt der Bau wegen seiner roten Klinker im Volksmund „Rotes Rathaus“ – ungeachtet der politischen Farbe des obersten Ratherrens. Die roten Bauzäune künden davon, dass das Rathaus jetzt auch eine eigene U-Bahnstation bekommt.

„Zum ersten Mal dienen diese Prachträume des neuen Rathauses der deutschen Kaiserstadt ihrer festlichen Bestimmung. Und durch keine schönere, keine bedeutungsvollere Feier könnte sie eingeweiht werden“, jubelt die „Vossische Zeitung“. Und schreibt: „Die Stadt Berlin empfängt gastlich in ihrem Hause die zum ersten deutschen Parlament in ihr versammelten Vertreter des ganzen deutschen Volkes.“

Fundstück des Monats: Besitzstörungsanzeige

Die Drohung klingt beeindruckend: „Bei Falschparken erfolgt eine Besitzstörungsanzeige“. Aber gemach. Hier will offensichtlich jemand mit Migrationshintergrund nur etwas beweisen und alle anderen verschrecken. Denn dieses Rechtsinstrument gibt es lediglich  in Österreich…

Typisch Berlin: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Selbst bei Verbotsschildern...
Typisch Berlin: Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Selbst bei Verbotsschildern…

 

Vor 145 Jahren: Berlin wird Reichshauptstadt

Wir schreiben den 16.April 1871: Es ist ein Sonntag. Der preußische König und frisch gekrönte Kaiser Wilhelm I. setzt „im Namen des deutschen Reiches, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrates und des Reichstages“ die neue Reichsverfassung in Kraft. Darin wird die Residenzstadt des neuen Kaisers zum Sitz des Bundesrates ernannt und Berlin damit zur Hauptstadt des Deutschen Reiches erklärt. Die „Verfassungs-Urkunde für das Deutsche Reich“ tritt am 4. Mai 1871 in Kraft.

Die erste und letzte Seite der Reichsgründungs-Verfassung vom 16. April 1871 mit der eigenhändigen Unterschrift des damaligen deutschen Kaisers Wilhelm I. (c) Bundesarchiv, Bild 102-11019
Die erste und letzte Seite der Reichsgründungs-Verfassung vom 16. April 1871 mit der eigenhändigen Unterschrift des damaligen deutschen Kaisers Wilhelm I. (c) Bundesarchiv, Bild 102-11019

Nur sechs Jahre später überschreitet die Einwohnerzahl im Jahr 1877 die Millionengrenze. 1912 sind es bereits zwei Millionen. Mit der Schaffung der Einheitsgemeinde Groß-Berlin im Jahr 1920 schnellt die Einwohnerzahl sprunghaft nach oben und liegt mit diesen Eingemeindungen plötzlich deutlich über der Drei-Millionen-Grenze.

Wappen der Provinz Brandenburg mit dem Roten Adler.
Wappen der Provinz Brandenburg mit dem markanten Roten Adler.

Kein Aprilscherz: Zehn Jahre nach Übernahme der Hauptstadtfunktion tritt Berlin am 1. April 1881 aus der 1815 geschaffenen preußischen Provinz Brandenburg aus und wird ein selbstständiger Stadtkreis.

Berlin trifft: Theater am Rand

Gut 70 Kilometer sind es von Berlin bis zur Oder. Dort in Zollbrücke – direkt an der polnischen Grenze – steht eine kleine Schaubühne: das „Theater am Rand“. Das wohl östlichste Theater Deutschlands lockt nicht nur mit hervorragenden Schauspielern, sondern seit April auch mit einer kleinen „randwirtschaft“. Schmalzstulle mit Rotwein – einfach eine grandiose Mischung.

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Tobias Morgenstern, Musiker und Intendant des Theaters, erzählt gern, wie er vor 18 Jahren das Theater zusammen mit dem Schauspieler Thomas Rühmann gründete. Rühmann, bekannt als charismatischer Arzt Roland Heilmann in der ARD-Soap „In aller Freundschaft“, und der Akkordeonist Morgenstern verwirklichten sich damit einen Traum – in traumhafter Lage.

Tickets gibt es übrigens nicht zu kaufen, sie müssen vorher nur bestellt werden. Und auch das Bezahlen ist anders geregelt als gewöhnlich. Am Ende jeder Vorstellung wirft der Gast in ein großes Glas am Ausgang den Betrag, den er für angemessen hält. Also eher „Austritt“ statt „Eintritt“.

Platz bietet das Theater für 200 Personen. Das Bezahlen ist übrigens anders geregelt als gewöhnlich: Jeder Besucher gibt nach der Vorstellung das, was er für angemessen hält!
Platz bietet das Theater für 200 Personen auf Klappstühlen und Holzbänken. Es lohnt sich also, ein eigenes Kissen mitzubringen.

Strichloses Humboldt Forum

Das Humboldt Forum – lange war es nur eine Idee, dann wurde es ein Streitobjekt. Langsam nimmt der Schloss-Nachbau aber Formen an und die Fassade gewinnt ihre umstrittene Gestalt. Nebenbei ist auch eine andere Stil-Frage geklärt: die nach dem Bindestrich im Namen.

Das Humboldt Forum von der Spree aus gesehen
Das Humboldt Forum von der Spree aus gesehen – mit eingraviertem Namen und deutlich zu lesen: ohne Bindestrich.                

Aber es wird weiter gestritten: Jetzt geht es um die konkrete Raumaufteilung. Da war das Versprechen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz wohl eher ein Versprecher? „Im wiedererrichteten Berliner Schloss werden sich in naher Zukunft Museen, Bibliothek, Universität und verschiedene Veranstaltungsbereiche zu einem Treffpunkt von Menschen aus aller Welt verbinden – unabhängig von Herkunft, Alter, Ausbildung, Interessen, Vorwissen oder Vorlieben.“ Na denn…

 

Zahl der Woche: 113

Es sind genau 113 Mauerteile, die das „Parlament der Bäume“ am Haus der Bundespressekonferenz in Berlin Mitte begrenzen. Einstmals verlief genau hier die Mauer zwischen Ost- und West-Berlin. In den wirren Nachwendezeiten sicherte sich der Konzept- und Aktionskünstler Ben Wargin – das ist der mit den Gingko-Bäumen – das Gelände und eröffnete dort gleich in der Nähe zum Reichstag ein Alternativ-Parlament. Am 25. März feierte Wargin seinen 86. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

Es sind 57 Mauerteile auf jeder Seite - plus ein Teil im Garten.
56 Mauerteile auf jeder Seite des kleinen Sperrgürtels – plus ein Teil im Garten. Im Hintergrund steht das Haus der Bundespressekonferenz.

Das „Tacheles“ lebt

Nach dem Baum-Massaker beginnen jetzt die Bauarbeiten
Nach dem Baum-Massaker beginnen jetzt die Bauarbeiten

Erst besetztes Haus, dann Künstlerkolonie und später Berliner Anziehungspunkt über zwei Jahrzehnte hinweg: das Tacheles. 2013 wurde es zwangsweise ruhig um das Filetstück an der Friedrichstraße – die Bewohner wurden vergrault, verdrängt oder rausgekauft. Ein privater Sicherheitsdienst sorgte seitdem dafür, dass sich keine wilde Ansiedlung mehr breitmachen konnte.

Im Februar rückte nun ein Baumfäll-Kommando an und beseitigte handstreichartig über 40 Bäume auf dem Areal. Besorgt fragten sich Nachbarn: warum? Jetzt ist es amtlich: In den kommenden Jahren soll hier ein neues Wohnquartier mit Hotel, Restaurants und Läden, Büros und „Raum für Kultur“ entstehen.

Nur: Das wurde schon mal versprochen. Und Pappeln und Weiden wuchsen dann auf dem weiterhin sandigen Boden in den Himmel. Da stellt sich doch die Frage „How long is now“ diesmal??