Kommentar: Raus, raus, aus

Die Briten haben entschieden: Tschüss EU. Und nun?

Politisch korrekt wäre es wohl zu sagen, ein Volksvotum ist zu respektieren. Aber Cameron, diese Nuss, hat mehr zerstört als nur das Verhältnis der Menschen in seinem Land oder das Grundverständnis in Europa. Nein, ganz ohne Not hat dieser Karrierist die Hoffnung einer ganzen Nachkriegsgeneration in die Tonne getreten.

Beispiel gefällig? Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU. Was wurde unter den 28 europäischen Mitgliedsländern gerungen, um eine gemeinsam Außenpolitik zu definieren. Oder die EU-Battlegroups aufzustellen als Antwort auf die US-dominierte NRF. Ja, es war eine schwere Geburt, die unterschiedlichen Ansätze zu vereinen. Aber letztlich ist es gelungen. Friedensmacht Europa ist kein leeres Wort. Und ja, EU-Missionen haben das Weltbild verändert. Aber sie sind keine Einsätze einer Weltpolizei.

Noch ein Beispiel? Umweltschutz. Natürlich reguliert hier Brüssel, was das Zeug hält – und das ist auch gut so. Erinnert sich noch jemand an Seveso? Ja, ich bin dafür, das solche gesunden Standards überall in Europa gelten, nicht nur auf den Öko-Inseln in Süddeutschland. Und erst beim Klimaschutz, wo wir ohnehin das verniedliche Wort Erderwärmung nutzen statt Geozid. Hilft uns da der Brexit? Wie ernst wird Europa noch genommen?

Und wo wir gerade bei der kontinentalen Sichtweise sind: Was passiert mit den Niederlanden, mit Griechenland oder Italien, wo Abspalter auch starken Zulauf haben? Nein, das englische Beispiel darf nicht Schule machen, dass der, der am lautesten brüllt, am meisten aus den europäischen Töpfen bekommt. Thatchers „I want my money back“ darf nicht Europas politischer Schlachtruf werden.

Ach ja, ein kurzer Blick noch in die Zukunft, wenn in ein paar Jahrzehnten die Wirtschaft durch den Brexit mehr abbekommen hat als durch die jüngsten Finanzkrise. Wenn die europäische Solidarität aufgekündigt wurde – auch bei den Flüchtlingsströmen. Wenn künftig national vor gemeinsam geht. Ist es das, was wir wollen?

Deshalb: Die Briten haben entschieden. Also lasst sie gehen. Rasch. Denn wir brauchen Klarheit, und zwar schnell. Damit sich der Kontinent neu erfinden kann. Also: Raus. Raus. Aus.

Erdbeermond trifft Mitsommernacht

Heute ist der längste Tag des Jahres. Und Sommeranfang. Und dazu etwas, was jeder Mensch nur einmal in seinem Leben sieht: der sogenannte Erdbeermond – ein Vollmond in satten Orange – trifft auf diesen besonderen Tag im Jahr. Nur etwa alle 50 Jahre soll es dem Astronomen zufolge dieses Ereignis geben. Gefeiert wird es weltweit, am größten aber in Stonehenge in Großbritannien. Dort sollen schon die alten Druiden um die Macht dieser Konstellation gewusst haben.

Zunächst kommt ein herrlicher Sonnenuntergang. Um 22.22 Uhr konnte man noch auf der Dachterrasse lesen!
Zunächst kommt ein herrlicher Sonnenuntergang. Um 22.22 Uhr konnte man noch auf der Dachterrasse fast noch lesen!

Die letzte derartige Konstellation gab es 1967, der nächste Termin ist erst wieder 2062!!!!

Vor 25 Jahren: Bundestag beschließt Berlin-Umzug

Es ist eine fast zwölfstündige leidenschaftliche Debatte des Bundestages, bevor am 20. Juni 1991 Parlamentspräsidentin Rita Süssmuth um 21:49 Uhr verkünden kann: 337 Stimmen wurden für den Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin abgegeben, 320 Abgeordnete  votierten dagegen. Die Zahl der offiziellen Ja-Stimmen wurde übrigens später auf 338 nach oben korrigiert.

Jahre später zog das Deutsche Historische Museum auch an die Spree und gönnte sich einen neuen, vom Stararchitekten I.M.Pei entworfenen Haupteingang.
Jahre später zog auch das Deutsche Historische Museum vom Rhein an die Spree und gönnte sich einen neuen, vom Stararchitekten I.M.Pei entworfenen Haupteingang.

 

Das Krollsche Etablissement

„Warste nich im Kroll, denn warste nich in Berlin!“ So hieß es über 100 Jahre bis 1951. Dann wurde der Amüsiertempel gesprengt. Mit einem ausgezeichneten Programm erinnert das kleine Theater im Palais  an die Berliner Institution, die einst König Friedrich Wilhelm IV. von Breslau an die Spree holte. Erbaut wurde es von Stararchitekten wie  Ludwig Persius, Carl Ferdinand Langhans und Eduard Knoblauch in Form eines kleinen Schlosses und stand etwa da, wo heute in der Nähe des Kanzleramtes das Tipi ist.

Es war die 120.000 Ruinensprengung nach dem Krieg. Ein Jahr später fiel das Schloss.
Es war die 120.000 Ruinensprengung nach dem Krieg. Der Sprengmeister bekam Freibier. Ein Jahr später fiel das Schloss.

Übrigens: Ursprünglich sollte der Reichstag in die Kroll-Oper ziehen. Das lehnten die Abgeordneten aber strikt ab – und bekamen dafür den Bellot-Bau mit seiner markanten Kuppel. Der Kaiser war nicht amüsiert und nannte es nur das „Reichsaffenhaus“.

Berlin trifft: Die Queen

London im Juni 2016: Die britische Königin Elizabeth II. feiert ihren 90. Geburtstag – und die Briten sind stolz darauf. Mit einer riesigen Geburtstagsparty feiern sie ihre Monarchin. Sie sei mehr als nur ein Stück ihrer Geschichte: „Sie ist eine Institution.“ Dass sie die Glückwünsche an der Paradestrecke in einem grasgrünen Kostüm entgegennimmt, stört nicht. Im Gegenteil: „Sie wirkt jünger als je zuvor“, sind sich die Zuschauer auf der Mall einig.

Huldvoll winkt Queen Elizabeth II. ihren Untertanen zu. Und sie wird es noch Jahre so weiter tun, sind die meisten Briten überzeugt.
Huldvoll winkt Queen Elizabeth II. ihren Untertanen zu. Und sie wird es noch Jahre so weiter tun, sind die meisten Briten überzeugt.

 

Wie lange es noch dauert, bis ein Nachfolger den englischen Thron besteigt, da gehen die Meinungen auseinander. Und erst recht, ob Prinz Charles der neue König wird. Die Yeoman Warders – besser bekannt als Beefeater – sind indes davon felsenfest überzeugt: „Der nächste König ist Charles. Er wurde als kommender König geboren, er wird das Amt übernehmen. Und er wird – da er aus mehreren Vornamen auswählen kann – wohl als König George regieren.“ Wie heißt es dann so schön: Lang lebe König George VII.!

Woher der Name Beefeater kommt, ist unklar. Eine nette Erklärung ist: Sie waren die einzigen, die als Leibwache des Königs auch in Zeiten des Hungers Fleisch essen durften (eat beef).
Woher der Name Beefeater kommt, ist unklar. Eine nette Erklärung ist: Sie waren die einzigen, die als Leibwache des Königs auch in Zeiten des Hungers Fleisch essen durften (eat beef).

 

Die spinnen, die Briten – war schon Asterix überzeugt. Aber Berlin kann sich durchaus eine Scheibe von dem Pragmatismus abschneiden. Denn das London Eye, zum Millennium erbaut, hatte zwar eine einjährige technische Verspätung und bei seiner Eröffnung im Jahr 2000 dann ursprünglich eine nur zweijährige Betriebserlaubnis. Aber da der Zuspruch so groß und der Bau letztlich so gut gelungen war, wurde diese Genehmigung auf 24 Jahre verlängert. Davon kann der BER nur träumen.

Mit 135 Metern ist das London Eye das höchste Riesenrad der Welt - und Erlebnis pur. Jede der 32 Gondeln fasst bis zu 25 Besucher.
Mit 135 Metern ist das „Auge von London“ das höchste Riesenrad der Welt – und Erlebnis pur. Bei gutem Wetter reicht die Sicht mehr als 40 Kilometer weit. Übrigens: Jede der 32 Gondeln fasst bis zu 25 Besucher, die in der Regel voll sind. Wer es leerer mag, sollte abends hingehen.

Fundstück des Monats: CD-Falschparker

Rund 20.000 Mal kommen Diplomaten jedes Jahr in Berlin mit dem Gesetz in Konflikt. Das sind umgerechnet 57 Delikte pro Tag. Doch diese Vorfälle bleiben in der Regel folgenlos: Weil die diplomatische Immunität die Fahrer schützt.

Behindert? Nein: Diplomat
Behindert? Nein: Diplomat.Und offensichtlich noch nicht einmal die Straßenverkehrsordnung studiert…

Zahl der Woche: 13.137

Es waren genau 13.137 Petitionen, die im vergangenen Jahr den Deutschen Bundestag erreichten. Das sind 2.188 weniger als noch im Jahr zuvor, wie das Parlament mitteilte. Gerätselt wird, warum die Zahl der Eingaben zurückgeht. Eine mögliche Erklärung: Es gibt immer mehr private „Petitionsplattformen“, auf denen jeder aber auch jedes Anliegen veröffentlichen kann.

Mit etwa zwei Millionen registrierten Nutzern auf der Internetseite des Petitionsausschusses ist www.epetitionen.bundestag.de das mit Abstand erfolgreichste Online-Angebot des Parlaments
Mit zwei Millionen registrierten Nutzern auf der Internetseite des Petitionsausschusses ist www.epetitionen.bundestag.de das mit Abstand erfolgreichste Online-Angebot des Parlaments.

ILA 2016 – Ein Auslaufmodell

Die ILA Berlin Air Show gilt als älteste Luftfahrtmesse der Welt. Doch hat die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung zunehmend mit ihrem eigenen Schatten zu kämpfen. Und wenn sie nicht den Anschluss an Le Bourget oder Farnborough verpassen will, muss sie sich – wie einst die Berlinale – neu erfinden.

Am Boden macht er einen sehr guten Eindruck. Und dennoch: schon wird nach einem Nachfolgemodell gesucht.
Am Boden macht er einen sehr guten Eindruck. Und dennoch: schon wird nach einem Nachfolgemodell gesucht.

227.000 Besucher vor zwei Jahren, rund 150.000 Besucher dieses Mal. Ja, in diesem Jahr wollte die ILA eine Messe „im Übergang“ sein – war aber nach Ansicht von Besuchern eher eine Leistungsschau der Deutschen Luftwaffe. Aber immerhin: Der Pannenflieger A400M hob ab und zeigte den Gästen, was er könnte, wenn er dürfte, wie er wollte…

 

(K)ein Grund zum Feiern: 10 Jahre Hauptbahnhof

Einst hieß die verschlafene S-Bahn-Station am heutigen Kanzleramt „Lehrter Stadtbahnhof“. Am 26. Mai 2006 wurde dann der neue Berliner „Hauptbahnhof“ eröffnet. Heute erfreut sich Berlins Bahn-Mitte großer Beliebtheit: Täglich strömen etwa 300.000 Fahrgäste durch die Hallen, deren drei Ebenen durch 54 Rolltreppen verbunden sind.

Die Schokoseite zum Kanzleramt hin ist schon beeindruckend. Die Gegenseite hingegen mit den Dauerbaustellen nicht. Aber imme
Die Schoko-Seite zum Kanzleramt hin ist sicherlich beeindruckend, hier die Gegenseite mit den Dauerbaustellen ist es eher nicht. Aber immerhin hat der Bahnhof mittlerweile einen Tram-Anschluss.

Allerdings gilt das 1,2 Milliarden Euro teure Projekt immer noch als unvollendet. Denn nach wie vor fehlen auf den oberen Bahnsteigen die Überdachungen. Die insgesamt 15.000 Glasscheiben reichen nicht bis zum Ende der Bahnsteige, weil der Bahnhof rechtzeitig zur WM-Eröffnung (Stichwort: Sommermärchen) fertiggestellt sein musste. So werden bis heute Reisende der 1. Klasse bei Regen nass, die BahnCard-Inhaber der 2. Klasse lachen leise in sich hinein.