Fundstück der Woche: Balkon des Wissens

Es ist ein architektonisches Schmuckstück Berlins: die Staatsbibliothek. Mit mehr als elf Millionen Büchern – ja, so etwas gibt es im digitalen Zeitalter noch – ist sie die größte Bibliothek Deutschlands! Kleiner Tipp: Der frei zugängliche Innenhof ist gerade im Sommer ein kleines Paradies.

Die beiden Herren warten seit mehr als 100 Jahren dort. Denn fertiggestellt wurde die heutige Staatsbibliothek bereits 1914. Übrigens nach sechsjähriger Bauzeit. Die aktuellen Umbauarbeiten dauern schon länger!
Die beiden Herren sitzen seit mehr als 100 Jahren dort. Bereits 1914 wurde die heutige Staatsbibliothek  nach nur sechsjähriger Bauzeit fertiggestellt. Da dauern die aktuellen Umbauarbeiten schon länger!

Der doppelte Luther

Vor exakt 499 Jahren schlug Martin Luther seine 95 Thesen an die Kirchentür zu Wittenberg und läutete damit die Reformation ein. Ein grandioses Werk. Diesem will Berlin jetzt gedenken. Aber wie?

Wenn es nach den Bildhauern geht, sehen wir bald doppelt: zwei Mal Martin Luther an der Berliner Marienkirche. Bislang stand die Statue leicht mit Grünspan überzogenen der linken Kirchen-Ecke. Doch zum 500. Jubiläum des Lutherschen Thesen-Anschlags im Jahr 2017 soll die Figur endlich einen zentralen Platz bekommen.

So weit so gut. Aber muss unbedingt ein Doppelgänger dazugesellt werden, der noch dazu mit Chrom überzogen ist?

Das Foto vom Evangelischen Kirchenkreis Berlin Stadtmitte illustriert schön den Siegerentwurf, aber die Diskussion dazu ist hitzig.
Das Foto vom Evangelischen Kirchenkreis Berlin Stadtmitte illustriert schön den Siegerentwurf, aber nicht die hitzige Diskussion dazu.

Der Siegerentwurf des offenen Ideenwettbewerbs stammt von dem Berliner Künstler Weiß und dem Architektenbüro Zeller und Moye aus Mexico City. Die wollen, dass Luther „über die gespiegelte Skulptur in einen Dislog mit sich selbst“ tritt. Ach ja…

Übrigens: Das Luther-Denkmal in der Nähe des heutigen Fernsehturmes war einst die größte Denkmalanlage Berlins. Doch schmolzen die Nazis die früher zu Luthers Füßen vereinte Reformatorenschar ein: Die Bronze wurde für die Waffenproduktion gebraucht.

Museumsinsel jetzt mit Simon


Schon einzeln ist jedes der fünf Gebäude der Museumsinsel eine Perle für sich. Künftig wird ein sechstes Bauwerk diese Schmuckstücke miteinander verbinden: die James-Simon-Galerie. Entworfen wurde der Zentrale Eingangsbereich vom Stararchitekten David Chipperfield.

Noch etwas hinter Bauzäunen verborgen prangt aber schon jetzt der Name der Galerie. Eine späte Würdigung für jenen Mann, der so viel für die Kunststadt Berlin getan hat.
Noch etwas hinter Bauzäunen verborgen prangt schon jetzt der Name der Galerie am künftigen zentralen Eingang der Museumsinsel. Eine späte Würdigung für jenen Mann, der so viel für die Kunststadt Berlin getan hat.

Was wäre Berlin ohne den Unternehmer James Simon? Er schenkte den Museen zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter anderem die Grabungsfunde aus Amarna mit der Büste der Nofretete.

Ein Kollonadengang umschließt den Eingangsbereich. Eine kleine Reminiszenz an die griechische Agora, die auch immer der zentrale Platz war.
Ein Kollonadengang umschließt den Eingangsbereich. Eine kleine Reminiszenz an die griechische Agora, die auch immer der zentrale Platz war.

Nicht vergessen werden sollten Simons Sammlungen von Renaissancekunst und Kunstgewerbe, die er der Stadt schenkte. Noch heute begeistern sie Kunstkenner oder einfach Liebhaber schöner Dinge. Aber rund 100 Jahre dauerte es, bis Berlin sich des Kunstmäzens erinnert.

Das große „Aber“ der Philosophie

Karl Marx schrieb 1845 etwas in sein Notizbuch. Und ahnte nicht, dass er gut 150 Jahre später damit einen Universitätsstreit auslösen würde. Es geht um die 11. Feuerbach-These. Darin steht: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert.“

Heute steht der Spruch in voller Schönheit im Eingang der Humboldt-Universität, wo einige Professoren ihn gern weghaben würden. Geht aber nicht, er steht unter Denkmalschutz.
Heute ziert der Spruch den Eingang der Humboldt-Universität, wo einige Professoren ihn gern weghaben würden. Geht aber nicht, er steht unter Denkmalschutz.

Als Friedrich Engels 1888 das Notizbuch mit den Thesen zu Feuerbach entdeckte, fügte er dem zweiten Satz das gewichtige Wort „aber“ hinzu. Diese These ist bis heute die Streitthese aller Philosophie.

Übrigens bekommt das Wort „kommt“ keine Striche über dem o. Obwohl es im Original so steht: „Es kömmt darauf an, sie zu verändern.“ Bitte die Welt, aber nicht einen Spruch!

Feuer frei auf dem Maifeld

Es ist Pyronale-Zeit in Berlin. Bis zu 300 Meter hoch steigen die Raketen – und manche Figur ist bis zu 150 Meter breit. Einfach beeindruckend. Aber nur  einmal im Jahr treffen sich die weltbesten Feuerwerker, um ihre außergewöhnlichen Licht-Klang-Showd auf dem Maifeld am Olympiastadion zu präsentieren.

Die Raktenstarts sind übrigens IT-gesteuert, was es erlaubt, sie auf die Zehntelsekunde genau in den Himnel steigen zu lassen.
Die Raktenstarts sind übrigens IT-gesteuert, was es erlaubt, sie auf die Zehntelsekunde genau in den Himnel steigen zu lassen.

Und wenn Musik mit den Rakten perfekt harmonieren, dann sind Zehntausende Besucher hingerissen. Draußen vor den Toren schauen bestimmt noch einmal genausoviel zu.

Gewonnen hat in diesem Jahr das Team aus Rumänien - aber Sieger der Herzen war ohne Zweifel das französische Team mit einer Show, die vor dem furiosen Finale auch leise Töne anklingen ließ.
Gewonnen hat in diesem Jahr das Team aus Rumänien – aber Sieger der Herzen war ohne Zweifel das französische Team mit einer Show, die vor dem furiosen Finale auch leise Töne anklingen ließ.

Wer draußen zuschaute, hatte zwar nicht das akustische Erlebnis zum Feuerwek. Dafür durften sie aber große Picknickkörbe mitbringen.

 

Fundstück der Woche: Six bells

Berliner Kirchen leiden unter Mitgliederschwund. Eine Gemeinde im Bezirk Mitte hat sich was einfallen lassen und vermietet ein ehemaliges Gotteshaus für Kunstprojekte. Hier die Klanginstallation „Six bells“.

Schwebende Tompeterenröhren mit Sphärenmusik - Entspannung pur für den gestressten Großstädter
Schwebende Tompetenröhren gemischt mit Sphärenmusik. Das ist Entspannung pur für den gestressten Großstädter.

Der blümerante Friedrich


1763 gründet Friedrich den Großen die KPM Königliche Porzellan-Manufaktur. In der altehrwürdigen Herstellungsstätte für „Weißes Gold“ gegründet, wird hier bis heute einzigartiges Porzellan gefertigt. Auch in einem verwaschenen Blau, dass der Preußen-König mit seinem Faible für das Französische  „bleu mourant“ – das verblassende oder sterbende Blau – nannte.

Das Wort kann auch mit schwindelig übersetzt werden. So machten die Berliner in ihrer unnachahmlich bodenständigen Art daraus das heute noch beliebte Wort „blümerant“.

Zwischen Siegessäule und Schloss Charlottenburg gelegen glänzt die KPM, die gern auch als Event-Location genutzt wird.
Vor zehn Jahren privatisiert, führt heute der Berliner Bankier Jörg Woltmann die Geschäfte. Zugleich eröffnete er in der Alten Ofenhalle – eine der größten freitragenden Stahldachkonstruktionen – eine luxuriöse Verkaufsausstellung.

Im Erdgeschoss befindet sich eine Schaumalerei. Ganze zehn Jahre dauert es, bis eine der Frauen als ausgebildete Porzellanmalerin den höchsten Ansorpchen genügt.

Achtung: Die Stücke mit dem aufgemalten kobaltblauen Zepter sind fast alle in Freihandmalerei hergestellt! Stückpreis einer handbemalten Tasse: bis zu 1.400 Euro.

Wagner im Wald

Wenn ein Ägypter einem Israeli den Handschlag verweigert, sind wir in Rio. Wenn Dutzende Araber sich freiwillig von einem Juden den Takt vorgeben lassen, dann sind wir in Berlin. Und wenn 110 Musiker im Wald rund 15.000 Menschen begeistern, dann erleben wir das West-Eastern Divan Orchestra unter Daniel Barenboim in der Waldbühne.

1999 in Weimar als Kleines Projekt der Völkerverständigung ins Leben gerufen, ist das Orchester heute in den wuchtugsten Opernhäuser der Welt zu Hause.
1999 in Weimar als kleines Projekt der Völkerverständigung ins Leben gerufen, ist das Orchester heute in den wichtigsten Opernhäusern der Welt zu Hause.

Übrigens: Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet der Judenhasser Richard Wagner verbindet. Der bekennende Jude Barenboim gilt als einer der größten Wagner-Interpreten und spielte mit dem WEDO  Tannhäuser und die Meistersinger. Passend zum Abend gab es schließlich noch ein wenig „Götterdämmerung“.

Empfehlung: Ansehenswert.