dapd – Der Andere Presse Dienst

Aufbruch, Umbruch, Abbruch. All die Phasen einer guten Idee durchlebte die Nachrichtenagentur dapd, die 2010 aus den Agenturen ddp und AP entstand. Aber alle Illusionen platzten am 11. April 2013 und es verabschiedete sich Deutschlands zweitgrößte Nachrichtenagentur vom Markt. Was blieb, waren Trauer, Trotz und Wut. Eine Wut, die tief saß.

Am 11. April 2013 um 16:55 Uhr wurde die letzte Meldung versendet. Nicht jeder wollte mehr unter dieser Meldung stehen, denn nicht jeder mehr stand nach den monatelangen Querelen mehr hinter der jahrelangen gemeinsamen Projekt.

Rückblick: Im September 2010 waren die Erwartungen noch groß. Die Agentur ddp, die sich vor allem mit einer fundierten Inlandsberichterstattung und ihren Landesdiensten einen Namen gemacht hatte, fusionierte mit dem deutschen AP-Dienst. Also mit Journalisten, die stolz auf ein weltweites Netzwerk der US-Mutter und auf internationale Anerkennung schauen konnten. Die Hoffnung war groß. Schnell fand sich das Team zusammen.

Wie eng der Zusammenhalt war, zeigt dieses Foto – aufgenommen am letzten Abend in den Redaktionsräumen in Berlin in der Reinhardtstrasse 52. Kurz nach 15 Uhr wurden der Satz „…werden heute den Agenturbetrieb endgültig einstellen…“ gesprochen. Dem Irrsinn folgte am Abend ab 20 Uhr der Frohsinn.

In den kommenden Tagen verwaiste die dapd-Redaktionszentrale, die sich einst über vier Etagen in dem Haus nahe der Bundespressekonferenz erstreckt hatte. Das „große Nichts“ fraß sich immer weiter in die einst so belebten Räume, in denen Journalisten schrieben, lachten, stritten und so manche große Schnurre in kleiner Runde erzählten. Denn nichts ist schwatzhafter als ein Redakteur.

Das ist ein Foto der einstigen Politik-Redaktion. Gleich nebenan saßen die Kollegen der Wirtschaft, auf der anderen Seite des Großraumes lebte die Auslandsredaktion, das Vermischte – auch Pano genannt – und in der Ecke die Berlin-Redaktion. Eine großartige und schlagkräftige Kombination, in der Mitte zusammenhehalten vom Zentraldesk.

„Nachrichten, die ankommen“, so lautete einst das Motto der Nachrichtenagentur dapd. Groß prangte ein solches Banner an der S-Bahn-Brücke in der Reinhardtstraße in Berlin-Mitte. Und immer wieder tauchte das orangefarbene Logo an Brennpunkten dieser Welt auf, hingetragen von Korrespondenten, die stolz auf ihre journalistische Unabhängigkeit waren. Aber, das mussten wir bitter lernen, eine Nachricht ist letztlich auch nur eine Ware.

Nein, wir haben uns nicht klein gemacht, auch wenn wir bescheiden aufgetreten sind. Denn eines war dapd mit Sicherheit nicht: überheblich. Aber eines waren wir auf alle Fälle: selbstbewusst. Und: fröhlich bis zum Schluss.

Danke allen, die dabei waren. Danke für die schönen Stunden, für Kameradschaft und ehrliche Unterstützung. Danke für manchen Lichtblick. Was bleibt, ist wohl der alte Spontispruch: „Das Chaos ist aufgebraucht. Es war eine schöne Zeit.“

Flagge zeigen bis zum bitteren Ende: Stefan Uhlmann – eine Redaktionsleiter, der alles bis zum Schluss zusammenhielt – zeichnete mit „stu“ vor fünf Jahren die letzte Meldung der dapd – 119 Wörter… Alles gesagt.

 

Zitat des Tages

Schlimm genug, dass uns die Rechtspopulisten zwingen, über Teile der Wirklichkeit zu reden, die wir bislang gern im liberalen Diskurs ausgeblendet haben oder von denen wir dachten, wir könnten sie im Stillen bewältigen.

(Sigmar Gabriel am 9.4.2018 im Berliner „Tagesspiegel“ über den Kontrollverlust des Staates)

Horst, Hotte, Heimat

Deutschland hat seinen ersten Heimatminister: Horst „Hotte“ Seehofer. Als Innenminister sitzt er mit seinem Haus gleich neben dem Kanzleramt. Aber wo ist das Heimatbüro?? Bei einem Spaziergang entlang der Rummelsburger Bucht konnte jetzt das Geheimnis gelüftet werden.

Zitat des Tages

Deutschland ist nicht da, wo die deutschen Wälder rauschen und die deutsche Rebe wächst, nicht da, wo die deutschen Zunge klingt, deutsche Werte, Sitten, Gebräuche und Traditionen herrschen und deutsche Beamte nach deutschem Kalender walten, sondern es ist da, wo die Menschen, die zwischen diesen Wäldern wohnen, diese oder auch eine andere Sprache sprechen und diesen Beamten unterworfen sind, als deutsche Staatsbürger nach den Gesetzen des Rechts der Menschen in Freiheit miteinander leben.

Julius Ebbinghaus, Philosoph

Hauptstadt der Demonstrationen

Berlin ist ein Lieblingsort für Demonstrationen. Rund 5.000 solcher Aufzüge und Kundgebungen verzeichnete die Hauptstadt im vergangenen Jahr. Umgerechnet sind das gut ein Dutzend Demonstrationen pro Tag. Ein interessanter Spiegel global unruhiger Zeiten.

Es war der 27. März 1948, der von Belutschistan-Aktivsten als „schwarzer Tag“ begangen wird, weil damals die pakistanische Armee das an den Iran grenzende Gebiet besetzte. Der Demonstrationszug mit etwa 100 Teilnehmern zog vorbei am Haus der Bundespressekonferenz, wo zeitgleich Ex-Außenminister Sigmar Gabriel ein Interview führte.

Übrigens: Die traditionell größten Demonstrationen in Berlin finden immer rund um den 1. Mai statt. Bis zu 20.000 Teilnehmer sind in der Regel dabei. Der bisher absolute Höhepunkt wurde allerdings zum 25-jährigem Jubiläum des Mauerfalls im Jahr 2014 erreicht, zu dem mehr als einer halben Million Menschen kamen.

Pornografie des Scheiterns

Die Demontage eines „Gottkanzlers“ ist 314 Seiten lang. Knapp ein Jahr hat der Autor Markus Feldenkirchen den einstigen Hoffnungsträger der SPD, Martin Schulz, auf seiner Wahlkampftour 2017 begleitet. Bis zum bitteren Ende. Herausgekommen ist ein Buch, das gruselt. Das die Macht von PR-Beratern zeigt. Und die Angst vor Stimmungen. Kann Politik manchmal wirklich so platt und gleichzeitig so gemein sein?

Zwei kurzweilige Stunden liest und diskutiert Feldenkirchen im Tipi am Kanzleramt vor ausverkauftem Haus. Danach signiert er noch sein Buch – und sagt auf die Frage, ob ihn dieses überzogene Wahlkampfgehabe der PR-Berater wirklich überrascht habe: „Ja. In der Intensität hatte ich mir das nicht vorstellen können.“

Politisch weniger geschockt zeigt sich im Radio-eins-Talk der neue Grünen-Chef Robert Habeck. Das könnte generell jedem Politiker passieren. Aber dieser jähe Absturz, so seine Analyse, sei weniger unfähigen Beratern zuzuschreiben, sondern letztlich das Produkt eines überforderten Schulz selbst: „Es war nicht kanzlerreif, wie er den Wahlkampf geführt hat.“

Was kann ein Buch über einen Wahlkämpfer sagen, der so kläglich gescheitert ist? Was über den porträtierten Menschen? Gerade nach so einem Ende? Habeck prägt da spontan den Jahrhundertsatz: „Aus der Erotik des Beobachtens ist eine Pornografie des Scheiterns geworden.“

Nein, Feldenkirchen ist hier kein Vorwurf zu machen. Wirklich nicht. Minutiös listet er als neutraler Beobachter nur die Höhen und Tiefen des gehypten Schulz-Zuges auf. Und fügt mit Blick auf den Berliner Politikbetrieb süffisant hinzu: „Die beliebteste Form der Intrige ist das Hintergrundgespräch.“

Stadt.Land.Fluss

Berlin ist immer in Bewegung. Wo heute in Rummelsburg das Fuhrunternehmen Berlinmobil seinen Sitz hat, stand früher die Städtische Flussbadeanstalt Lichtenberg. Aber nur noch der Straßenname „Zur Alten Flussbadeanstalt“ erinnert an die Zeiten, wo einst ein 50.000 Quadratmeter großer Sandstrand tausende Berliner zu einem Ausflug anlockte.

Am Kühlwasserauslaufkanal liegen heute Hausboote, die sogar als Tagungsräume genutzt werden können. Ein Bad in der Spree empfiehlt sich indes nicht. Aber 2018 soll das alte Kohlekraftwerk ja abgeschaltet werden. Dann dürfte auch das Wasser wieder sauberer werden.

Mit der Abwärme des benachbarten Kraftwerks wurde vor Jahrzehnten in der kalten Jahreszeit das Warmwasserbecken der Badeanstalt erwärmt. Insgesamt hatte das öffentliche Bad, das Mitte der 1920er-Jahre direkt am Ufer der Spree errichtet wurde, drei Schwimmbecken und einen Zehn-Meter-Turm. In den späten 1950er-Jahren wurde das Bad dann geschlossen.

Übrigens: Direkt an der Spree lockt heute die „hafenküche“ mit Fish and Ships oder Wiener Schnitzel. Ganz in der Nähe können Besucher ein Boot mieten oder selbst grillen. Ein Tipp für warme Tage!

Zum Glück vereint

Der Koalitionsvertrag ist unterschrieben. Und in der Bundespressekonferenz stellen sich die drei Spitzen von CSU, CDU und SPD in Berlin den bohrenden Fragen der Journalisten. Eine bleibt ungestellt: Ist das mit 53 Prozent wirklich noch eine Große Koalition? Oder kommen wir langsam in der europäischen Realität an, wo es mindestens drei Partner zur Regierungsbildung braucht?

Einst hatte Merkel zum Jahrestag der Europäischen Union den Spruch geprägt, „wir sind zu unserem Glück vereint“. Beste Doppeldeutigkeit in bester Kanzler-Manier. Da stellt sich angesichts dieser Gesichter die Frage: Sieht so Glück aus?

In 24 Stunden um die Welt

‌Was früher 80 Tage brauchte, das geht heute in wenigen Stunden: Einmal um die Welt. Die Internationale Tourismusbörse ITB macht’s möglich. Immer Anfang März lockt sie mit dem Versprechen Traumurlaub über 100.000 Interessierte in die Messehallen am Funkturm.

Dieses Jahr sind mehr als 10.000 Aussteller aus über 180 Ländern gekommen. Und die zweistöckigen Messehallen sorgen auch für Völkerverständigung: Da hat die USA kein Problem damit, unter der Türkei zu rangieren (also im Untergeschoss), da feiern die Stände von Aserbaidschan und Armenien fröhlich im Keller nebeneinander. Berlin bringt’s!

Übrigens: In diesem Jahr ist Rakete angesagt! Nicht nur Französisch-Guyana wirbt mit den beeindruckenden All-Gefährten, auch das kleine deutsche Bundesland Bremen hat sein Raketen-Jahr ausgerufen. Nur Bonn bleibt sich treu und wirbt mit Beethoven.

Nun ja, treu ist relativ. Im Wettbewerb um die Gäste muss sich auch die alte Bundeshauptstadt etwas Neues einfallen lassen – und will mit der Zeit gehen. Aber muss es gleich der Meister in einem silbernen Überzug sein? Quasi in Schutzfolie? Wovor? Aber über Geschmack lässt sich bekanntlich gut streiten. Und der silberne Beethoven ist zumindest ein gutes Fotoobjekt.

Zahl des Tages: 172

Schlussspurt in der Regierungsbildung. Am 14. März will der Bundestag Angela Merkel zur neuen Regierunschefin wählen. Damit beendet Deutschland nach 172 Tagen die bisher längste Regierungsbildung in der Geschichte der Bundesrepublik.

Nach dem SPD-Votum zur Fortsetzung der Großen Koalition ist nunmehr der Weg frei für die vierte Kanzlerschaft von Angela Merkel (CDU). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat heute dem Bundestag vorgeschlagen, die bisherige Kanzlerin erneut zur Regierungschefin zu wählen.

Übrigens: Bisheriger Spitzenreiter bei der Dauer der Regierungsbildung war die letzte Große Koalition von 2013 mit 86 Tagen. Durchschnittlich dauerte das in den vergangenen Jahrzehnten gerade mal 40 Tage. Ein Zeichen?