Gysi does it

Gysi for President – so ganz absurd ist das nicht. Denn Alterspräsident des Deutschen Bundestages zu werden, das könnte den 70-Jährigen Gregor Gysi glatt  noch mal reizen. Zwei Gründe nennt der streitbare Linken-Politiker dafür: Erstens, die Eröffnungsrede des Parlaments kennt keine Redezeitbegrenzung. Und zweitens: „Ich denke, ich habe es verdient, dass einmal die gesamte CDU/CSU-Fraktion geschlossen für mich aufsteht.“

Rund 70 Menschen lauschen, als Gregor Gysi an einem sonnigen Sonntagnachmittag in der Berliner Altstadt-Kneipe „Anna Koschke“ seine im Aufbau-Verlag erschienene Autobiografie „Ein Leben ist zu wenig“ präsentiert. Ja, so sagt Gysi, unterm Strich waren es für ihn bisher sechs Leben. Kindheit, Jugend, Anwaltsjahre, politisches Wendeleben, Zeit der öffentlichen Ablehung und schließlich dann die breite Akzeptanz. Offen lässt Gysi, wann das siebente Leben, das Alter, beginnt.

Die Schriftstellerin Doris Lessing hat Gysi, ihren Neffen, einmal einen „romantischen Sozialisten“ genannt. Darauf ist Gysi stolz. Überhaupt erzählt er gern von seiner Familie und so manchen Schwank aus seinem Leben und von seinen Vorfahren. Etwa, dass sein Urgroßvater in Russland die ersten Dieselmotoren bauen ließ. Und dass dieser enteignet wurde – nicht von den Sowjets, sondern vor gut 100 Jahren vom russischen Zaren. Und dass von einem anderen Vorfahr, der Präsident des weltweit ersten Geflügeltüchtervereins war, in Görlitz eine kleine Statue steht.

Eineinhalb Stunden vergehen im Fluge, danach ist noch kurze Signierstunde des Buches mit dem wohl kürzesten Prolog: „Ich habe schon als Kind gelernt, dass man Sätze nicht mit ‚ich‘ beginnen soll.“ Der Epilog auf Seite 574 ist übrigens noch kürzer: „Ich bin wild entschlossen, das Alter zu genießen.

Im Alter, verrät der gelernte Rinderzüchter abschließend, will Gysi gern noch drei Länder und Regionen besuchen: Grönland und Island – mit einem Abstecher nach Spitzbergen, dann die französischen Pazifik-Inseln und zu guter Letzt noch nach Neuseeland. 18.115 Kilometer beträgt die Flugstrecke bis ans andere Ende der Welt. Weiter weg von Berlin geht nicht. Aber erst mal kommt das Ding mit dem Alterspräsidenten…

andre
Es muss nicht immer Paris, Rom oder Moskau sein. Auch Berlin ist reich an unentdeckten Ecken, ständig in Bewegung und fantastisch anzuschauen. Einfach die schönste Stadt im Erdenkreis.

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